Warum deutsche Unterschriften gegen ein Staudamm in Brasilien helfen!

2016-03-03 Staudammprojekt Tapajos 2aAm 3. März war Egidio Alves Sampaio im Rahmen der Misereor Fastenaktion 2016 „Das Recht ströme wie Wasser“ bei uns im Weltladen Regentropfen und hat erzählt.

Er hat erzählt über sich, sein beruflicher Werdegang vom Staudamm-Bauarbeiter in den 70er Jahren und seiner Zeit als Goldwäscher und über seine mittlerweile lange Zeit als Landwirt in Pará, dem nord-östlichen Bundesstaat Brasiliens, dass den unteren Teil des Amazonasgebietes darstellt. Er erzählte über die in- und ausländischen Großkonzerne, die sich Ländereien unter den Nagel reißen und mit Schmiergeldzahlungen bzw. Sponsoring von Wahlkämpfen den Zuschlag für Bauprojekte „erkaufen“. Er erzählte über Umweltverschmutzungen in großem Stil, die mit lächerlichen Entschädigungszahlungen „ausgeglichen“ werden.

Und dann erzählte Egidio über „seinen“ Fluß, den Tapajós, von dem und mit dem er und seine Mitbewohner zum Teil seit Generationen leben und auch von den indigenen Nachbarn, die seit Urzeiten dort leben. Sie alle werden einem Staudamm und vor allem dem daraus entstehenden Stausee weichen müssen.

Sie sollen in städtische Gebiete umgesiedelt werden. Menschen, die noch nie in städtischen Gebieten gelebt haben, die noch nie Lebensmittel in Geschäften eingekauft haben, sondern immer selbst gefischt, gejagt, gesammelt oder angebaut haben.

In einfachste Wohnsilos, billigst gebaut, so dass sie nach dem ersten großen Regen oder Sturm bereits auseinderfallen, wie bereits beim Belo Monte-Projekt zu beobachten ist.

Die Zwangsumsiedlung ist Teil der Verträge, die der Staat mit den Bauunternehmen geschlossen hat. Wenn jedoch die Bauunternehmen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, dann schiebt der Staat seine Verantwortung an die Unternehmen und die Bürger.innen ab. Die Bürger.innen, die oft Analphabeten oder Teil-Analphabeten sind und meist keine Landbesitztitel haben, obwohl sie seit Generationen dort leben, haben kaum Möglichkeiten ihre Rechte durchzusetzen. Hierbei hilft ihnen E. Sampaio und die Landpastoral CPT Itaituba.

Auch die indigene Bevölkerung der Munduruku, ca. 16.000 Menschen, sollen zwangsumgesiedelt werden. Nachdem die Regierung ihrem Wunsch nach Vermessung des kollektiv bewirtschafteten Gebiets, auf welchem sie seit ewigen Zeiten leben, nicht nachgekommen ist, haben sie die Vermessung selbst in Auftrag gegeben, mit Unterstützung durch die CPT. Ob dies jedoch von Staat und vor allem von den Bauunternehmen anerkannt wird, wird sich noch zeigen müssen.

Ganz interessant war auch der Hinweis von E. Sampaio, dass brasilianische Abgeordnete ein Mehrfaches des zu erwartenden Einkommens als Abgeordneter über eine Legislaturperiode für einen Wahlkampf ausgeben (müssen). Dies führt dazu, dass erfolgreiche Bewerber sich bereits während des Wahlkampfes von Unternehmensspenden so stark abhängig machen, dass sie hinterher kaum noch Willens sind, Entscheidungen gegen ihre Sponsoren zu treffen.

Was können wir also hier in Deutschland tun: Egidio erläuterte, dass die Deutschen von den Brasilianern sehr hoch angesehen werden. So, dass zum Beispiel tausende Unterschriften von Deutschen Bürger.innen im Rahmen einer Unterschriftenaktion mehr „Wert“ sind als die Meinungen von mehreren tausend Brasilianer, zumal Afro-Brasilianer und Indigenas. Daher rufte Sampaio uns auf, die Misereor-Unterschriften-Kampagne zu unterstützen, da so etwas zu einem Stopp oder gar einem Abbruch des Staudammbaus, zumindest aber zu einer angemessenen Entschädigung der betroffenen Bewohner führen kann. Hier geht es zur Online-Unterschriften-Aktion:

Nach über einer Stunde Vortrag mit wenigen und gut ausgewählten Bildern und Grafiken und etwa einer weiteren knappen Stunde Diskussion mit den anwesenden Besuchern konnten wir uns für einen interessanten und fast schmerzhaften Einblick in die Welt außerhalb unserer deutsch-europäischen Wohlstandsblase bei Herrn Sampaio und der Übersetzerin Kroll bedanken. Sie wurden von uns überrascht mit einem Saft der GEPA aus bio-fairen Orangen einer brasilianischen Kooperative sowie einer Tafel Schokolade des Regenwaldladen aus bolivianischem Amazonas-Wild-Kakao.

Grausame Ergänzung: In Honduras wurde eine bekannte, langjährige Umweltaktivistin, die auch gegen Staudamm-Bauprojekte gekämpft hat von einem Mordkommando getötet.