Der Bürgermeister von Riace

Frank Herrmann erzählte bei seinem Vortrag zum Thema „Ausbeutung der Erntearbeiter in Süd-Italien“ auch die Geschichte von Domenico Lucano, ehemaliger Bürgermeister vom kleinen süditalienischen Ort Riace. Anfang Oktober wurde dieser zu 13 Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Warum? Das können Sie hier nachlesen.

Seine Flüchtlingsinitiative machte Domenico Lucano auch im Ausland bekannt. Nun wurde der Ex-Bürgermeister aus Italien unter anderem wegen Beihilfe zu illegaler Migration schuldig gesprochen.

Von 2004 bis 2018 war Lucano Bürgermeister von Riace und hatte in dem von Landflucht betroffenen kalabrischen Dorf Migranten willkommen geheißen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Am Ende seiner Amtszeit waren in dem 1800-Einwohner-Dorf mehr als 300 Einwohner Migranten. Er nutzte dabei staatliche Mittel für die Aufnahme von Flüchtlingen, um sie auszubilden, ihnen Arbeit zu geben und um die dazu notwendige Infrastruktur zu errichten. Auch die Einheimischen profitierten davon. Kita und Grundschule wurden wieder eröffnet, Arbeitsplätze geschaffen, die Mikrowirtschaft des Dorfes angekurbelt. Riace wurde ein weltweit gepriesenes Integrationsmodell.

Das italienische Dorf Riace, dessen Bürgermeister Lucano für sein Flüchtlingsengagement den Dresdner Friedenspreis 2017 erhält (imago/imagobroker)

Riace – ein weltweit gepriesenes Integrationsmodell

So wurde Domenico »Mimmo« Lucano 2010 als drittbester Bürgermeister der Welt ausgezeichnet. Für sein Engagement für Geflüchtete ist er dann allerdings in das Visier der italienischen Justiz geraten. Dem 63-jährigen Lucano wurde unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung, Amtsmissbrauch, Betrug und Erpressung zur Last gelegt.

Der rechtsextreme Innenminister Matteo Salvini ließ die in Riace lebenden Asylbewerber in zum Teil weit entfernte Aufnahmelager im ganzen Land bringen. Alle Versuche, das Integrationsprojekt wiederzubeleben scheiterten. 

Anfang Oktober 2021 wurde bekannt, dass Domenico Lucano vom Gericht in Locri in fast allen Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu 13 Jahren und zwei Monaten Haft, sowie zur Rückzahlung von 500.000 Euro Fördergeldern verurteilt wurde.. Lucano selbst hatte mit Freispruch gerechnet.

Lucano am Tag des Gerichtsbeschlusses, Zitat: »Mein Leben habe ich damit verbracht, Anti-Mafia-Ideale zu verfolgen. Als ich Bürgermeister wurde, habe ich mich auf die Seite der Schwächsten gestellt, auf die Seite der Flüchtlinge«, Er halte es für »unwahrscheinlich, dass Mafia-Verbrechen mit solchen Strafen belegt werden«.

Seine Anwälte kündigten an, in Berufung zu gehen.

Wollen Sie mehr über dieses Thema erfahren?

Hier ein Buch:

Das Dorf des Willkommens“ von Mimmo Lucano – aus dem italienischen von Elvira Bittner/288 Seiten/ISBN 9783-906304-87-8/ Hardcover/Sachbuch-Verlag Rüffer & Rub

und ein Hörspiel:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/ein-integrationsmodell-wird-abgewickelt-riace-im-visier-der.3720.de.html?dram:article_id=446673